Onyx

Über eine Dekade besuche ich bereits den Turnverein der Universität. Doch weder die Lokalität noch der Verein braucht solch triviale weil deutsche Wörter. Da heisst es zum Beispiel „power im onyx“ und „scientific sports club Hintertupfingen“. Mir als regelmässige Besucherin ist die Benennung allerdings wurscht, solange das Angebot zum Ausleben meines gesteigerten motorischen Bedürfnisses stimmt – was es tatsächlich tut.

Aber der Weg zum Ziel ist bekanntlich steinig und beginnt nicht erst bei der körperlichen Ertüchtigung sondern bereits bei der Infrastruktur. Am Onyx muss sich mindestens ein/e Architekt/in selbst befriedigt haben, denn anders kann ich mir diese Fehlkonstruktion gar nicht erklären, zumal drei funktionale Sportanlagen der Universität bereits bestehen. Nein, der/die Kreative musste sich unbedingt selbst verwirklichen. Ich stelle mir diese Person als
unsportlich, konturenlos, eigenwillig, egoistisch und gefährlich vor. Wie sonst lässt sich eine Treppe zu den Garderoben erklären, deren Stufen unanständig lang und lächerlich wenig hoch sind, sodass man entweder wie ein Kleinkind, einen Fuss nach dem anderen auf jede Stufe oder wie ein Dreispringer eintreten muss. Letzte Variante wird zu einer Herausforderung, wenn es draussen regnet und die Schuhe nass sind. Dies bringt mich gleich zum nächsten Punkt.

Der Bodenbelag in der Onyx Sportanlage, ausser in der Turnhalle, ist von einem konturenlosen und glatten Weiss. Wenn nass, wird dieser Boden zu einer Rutschbahn. Antirutsch Matten könnten der Gefahr Abhilfe schaffen, aber das sieht wohl spiessig aus. Daher sind nur beim Eingang zu den Duschen solche bünzlige Dinger ausgelegt – basta. Neben der Dusche gibt es einen Spiegel, der das Bild von höchstens drei Schönen widergeben kann und das auch nur, wenn keine von den Dreien sich die langen, blondierten Haare am Trocknen, nein Frisieren, ist mit dem einzigen Föhn. Diese Tätigkeit nimmt bereits den Platz einer weiteren Schönheit in Anspruch. Es muss wohl eine positive Korrelation zwischen Spiegelfläche und Anzahl Föhn bestehen, aber wer bestimmt die absoluten Grössen? Als Biologin habe ich vielleicht eine Antwort: Fehlt das Wasser, im Fall der Umkleide ein Lavabo, müssen beide Grössen minimiert werden. Wozu braucht man auch Wasser zum Händewaschen? Die Schönen brauchen ja auch kein Make-up auf das perfekte Gesicht und auch keinen Frisurenfestiger, denn die Haare sollen natürlich wellen und fallen. Ausserdem ist die Klimaanlage, ganz im Gegensatz zu den Toiletten, in den Garderoben so stark eingestellt, dass mehr als ein Föhn überflüssig wäre, denn die Haare trocknen schnell im Luftzug wie der Schweiss nach dem Turnen. Gänsehaut, vom Luftzug oder vom Geschnatter der Schönen, und die heruntergefallene Jacke, die einfach nicht auf dem Designerkleiderhaken halten will, deuten mir, schnell aus der innenarchitektonischen Glanzleistung einer Garderobe heraus zu rutschen – bis zum nächsten Mal.